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eine demokratische Gesellschaft des Miteinanders und der Vielfalt

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Anastasia-Bewegung

1. Was ist die Anastasia-Bewegung?

Die im Jahre 1996-2010 erschienene Buchreihe „Anastasia – die klingenden Zedern Russlands“ des russischen Schriftstellers Wladimir Megre bildet die ideologische Grundlage der ‘Anastasia-Bewegung’. Anhand der märchenhaften Erzählungen über die fiktive Figur ‚Anastasia‘ wird eine idealisierte ‚urwedische’(1) Vergangenheit der jetzigen als unvollkommen und bedrohlich wahrgenommenen Gegenwart gegenübergestellt. Die Anhänger der Anastasia-Bewegung, die sich international verbreitet hat, meinen die fiktiven Erzählungen ließen sich in die Realität übertragen und versuchen ihr Leben danach zu gestalten.

Die Ratschläge der messianischen ‚Anastasia‘ zu Erziehung, Gesundheit, Ernährung, Familie, Landwirtschaft, usw. sollten befolgt werden. Jede Familie kann angeblich auf einem ab 1 ha großen „Familienlandsitz“ auf naturnahe Weise ein selbstbestimmtes Leben mit ausreichendem Auskommen führen. Die damit einhergehende Vision einer neuen Gemeinschaft ist durchsetzt mit völkischem, reaktionärem, antisemitischem, geschichtsverklärendem, frauenfeindlichem und antidemokratischem Gedankengut. Kontakte mit Fremden sollen vermieden werden, da sie störende Schwingungen erzeugen. Folglich werden etablierte pädagogische Einrichtungen abgelehnt und versucht eigene Schulen („Schetinin-Schulen“) zu etablieren. Hier soll u.a. Lernstoff von elf Schuljahren innerhalb von wenigen Jahren absolviert werden.

Die moderne Medizin wird abgelehnt. Mit pseudowissenschaftlichen Erklärungen werden Heilungsversprechen gemacht, z.B. das von Megre zu diesem Zwecke und für seine Geldbörse vermarktete Zedernholz. Die Einehe weißhäutiger heterosexueller Paare wird als Ideal dargestellt. Frauen werden auf ihre Mutterrolle reduziert. Weit verbreitete Religionen werden abgelehnt, insbesondere die christliche und die jüdische Religion wird über Verschwörungsmythen diffamiert.

Für detailliertere Informationen empfehlen wir den wikipedia-Eintrag „Anastasia-Bewegung“ (abgerufen am 28.4.2024)


1 urwedisch: eine von Megre verwendete vorchristliche, fiktive Urkultur, die vom rechtsextremen Ultra-Nationalisten Alexander Dugin erfunden wurde. Die mit übernatürlichen Qualitäten ausgestattete Märchenfigur Anastasia wird als eine Botschafterin dieser Kultur beschrieben.

2. Strategien der Anastasia-Bewegung

Eine breite Mischung von Leuten wird über den großen Fächer der in Megres Büchern beschriebenen Ideen angezogen. Die Bewegung erscheint als weit-gehend unorganisiert und als loses Netzwerk Einzelner oder Gruppen.

Um sich im ländlichen Raum zu etablieren, verfolgen Anastasia-Anhänger die Strategie, sich zunächst durch äußerst freundliches Auftreten beliebt zu machen und Freundschaften zu schließen. So verstärken sie ihren Einfluss und übernehmen dann strategisch wichtige Funktionen in der Gemeinde. Über die eigentlichen Ziele wird nicht transparent kommuniziert. Erst nach Aufbau intensiver Freundschaften und Beziehungen werden den Beteiligten allmählich die ideologischen Inhalte nahegebracht. Dann ist es oft schwer möglich, ohne große Verluste (Freundschaften, Besitz, Status) aus der Gruppe auszusteigen. Die Anastasia-Netzwerke weisen damit stark sekten-ähnliche Züge auf.

3. Wie verbreitet ist die Anastasia- Bewegung in Deutschland?

In Deutschland existieren etwa 20 ‚Familienlandsitze’, in denen die Ideen aus den Anastasia-Büchern konkret und für zukünftige Generationen umgesetzt werden. Wie groß die Leser- und Anhängerschaft in Deutschland ist, bleibt unklar. Deutschsprachige Social Media Kanäle zu ‘Anastasia’ hatten 2023 etwa 250 000 Abonnenten. Es gibt keine übergeordnete Organisation, es handelt sich um Anhänger einer Weltanschauung, die in-transparent agieren.

Bekanntestes Beispiel für einen Familienlandsitz ist das ‚Goldene Grabow‘ in der Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg.

4. Verbindungen zur rechtsextremen Szene

Aufgrund eines reaktionären Familienbildes, Geschichtsverklärung, Antisemitismus, der Blut- und Boden-Rhetorik, Kritik an modernen Lebensweisen und dem bestehenden demokratischen System gibt es deutliche Überschneidungen mit rechtsextremem Gedankengut.

So wird auch unser freiheitlich-demokratisches System als von höherer Macht manipulativ gesteuert dargestellt und abgelehnt.

Die überaus zahlreichen Verbindungen ins rechts-extreme Milieu und zu deren Akteuren werden sehr ausführlich im wikipedia-Eintrag zur Anastasia-Bewegung dargestellt.

Der Verfassungsschutz weist die Anastasia-Bewegung mit ihren Siedlungsprojekten als rechts-extremen Verdachtsfall aus. Der österreichische Staatsschutz beobachtet sie ebenfalls.

5. Was macht die Anastasia- Bewegung in Lychen?

Einige Anastasia-Anhänger versuchen seit 2014 einen Modell-Landsitzes als „Traumland Lychen“ zwischen Lychen und Rutenberg umzusetzen. Daraus entwickelte sich der Förderverein „Mensch Natur Umwelt Uckermark e.V.“ Bereits 2011 wurde die Genossenschaft „Löwengarten“ gegründet, die sich seit 2020 Genossenschaft „Im Eichengrund“ nennt und Mitglieder aus der Anastasia Szene hat. Die landwirtschaftlichen Flächen dieser Genossenschaft sollten die wirtschaftliche Grundlage der Familienlandsitze bilden.

Seit 2017 gab es mehrere Versuche, in bestehenden Lychener Institutionen und Vereinen Einfluss zu gewinnen, z.B. im Rahmen der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung und im Mehrgenerationenhaus. Unter anderem führte die Lychener Anastasia-Gruppe zwei ‚Dialogwerkstätten‘ durch, um weitere Anhänger zu gewinnen und ihre Interessen durchzusetzen. Dies wurde jedoch von der Lychener Zivilgesellschaft in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung verhindert.

Die Mitglieder der Anastasia-Gruppe sind weiter in Lychen und Umgebung aktiv. 2022 wurden Kontakte zum „Königreich Deutschland“ (KRD) geknüpft. Dabei war die „Naturscheune“ in Rutenberg unmittelbar beteiligt, das Königreich erklärte die Übernahme. Heute wird der Zusammenhang zum KRD vehement bestritten. Dieses Beispiel zeigt, wie unterschiedliche Szenen sich miteinander verflechten und intransparente Netzwerke entstehen.

6. Wie kann man mit dem Phänomen Anastasia-Bewegung umgehen?

Die Anastasia-Anhänger kommen aus einem sehr breiten Spektrum und sind der Bewegung auf unterschiedlichste Weise verhaftet. Auf individueller Ebene kann man vielleicht inhaltliche Diskussionen zu Teilaspekten führen. Insgesamt ist die Anastasia-Bewegung jedoch komplett abzulehnen.

Man sollte der Anastasia-Bewegung keine öffentliche Bühne geben, um ihre Verschwörungstheorien zu verbreiten. Verharmlosung von Antisemitismus und Rassismus muss begegnet werden.

Im Austausch mit einzelnen messianisch auftretenden Vertretern der Anastasia-Bewegung sollte man mit geschulter Rhetorik umgehen können. Überzeugungsarbeit ist dann nicht möglich. Eindimensionale Argumentationen und Schwarz-Weiß Szenarien werden als Muster genutzt.

Wer sich innerhalb von Anastasia Gruppen bewegt und meint, nur Permakultur-Biogemüse anzubauen, sollte sehr genau hinschauen, mit wem er oder sie sich einlässt und über welche Themen gesprochen wird. Verantwortungsvolle Verbände von biologischem Anbau und Permakultur haben mittlerweile Screenings etabliert.